Subject:
Erster Suizid im Abschiebegefängnis Berlin-Köpenick |
From:
"ARI_DOKUMENTATION_in_NewYorck59" <ari-berlin-dok@gmx.de> |
Date:
Wed, 2 Jan 2008 16:34:15 +0100 |
To:
<ari-berlin-dok@gmx.de> |
Am 30. Dezember erhängte sich ein
28-jähriger Tunesier im Abschiebegefängnis Köpenick.
Nach Polizei-Angaben erlag der Mann am 1.1.2008 seinen
schweren Verletzungen in einem Krankenhaus. Er ist damit der erste
Gefangene, der sich seit Bestehen des Gefängnisses in
Köpenick das Leben nahm. Viele haben es vorher versucht und
konnten gerettet werden, viele haben sich auch aus Protest gegen die
drohende Abschiebung selbst verletzt, um der Abschiebehaft zu
entkommen.
Seit nunmehr 15 Jahren dokumentiert die Antirassistische Initiative e.V. unter anderem Suizide, Selbstverletzungen und Suizidversuche von Flüchtlingen. In Berlin kam es zu mindestens 186 Suizidversuchen und Selbstverletzungen in Abschiebehaft in deren Folge sich die Betroffenen z.T. schwerste Verletzungen zugefügt haben. Bundesweit wurden 50 Todesfälle und knapp 400 Verletzungsfälle in Abschiebehaft dokumentiert.
------------------
Die Menschen, die in Abschiebehaft
sitzen, befinden sich in Beugehaft. Sie sitzen hier, damit sie der
Ausländerbehörde direkt zur Abschiebung zur Verfügung
stehen, sie sitzen aber auch hier, damit sie ihrer "freiwilligen"
Rückkehr zustimmen und sich "aktiv" um Reisepapiere bemühen.
Was hinter den Gefängnismauern passiert, kommt nicht oft an die
Öffentlichkeit. Schikanen, Misshandlungen und Demütigungen
durch die Bewacher und auch Missachtung und Ignoranz von Seiten des
medizinischen Personals sind an der Tagesordnung.
In dem Bewusstsein der absoluten Hilflosigkeit
und Ausweglosigkeit und in einem Klima der Willkür und
Menschenverachtung geraten viele Gefangene in akute Krisensituationen.
Auszug aus der Dokumentation "Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen"
Abschiebehaft Berlin 1993 - 2007:
-
1 Frau tötete sich in
Abschiebehaft (23. Juli 1993 in der JVA Plötzensee);
-
1 Mann stürzte bei der
Flucht aus dem Krankenhaus zu Tode (30. August 2000).
-
186 Flüchtlinge haben
sich in Abschiebehaft aus Verzweiflung oder Panik vor der Abschiebung
oder aus Protest gegen die drohende Abschiebung (Risiko-Hungerstreiks)
selbst verletzt oder versuchten sich umzubringen und überlebten
z.T. schwer verletzt.
- mindestens 54 Gefangene wurden in Abschiebehaft misshandelt
- 5 Flüchtlinge kamen durch unterlassene Hilfeleistung zu Schaden