§ 7 Abs. 6 SGB II -
Ausnahmen vom sozialhilferechtlichen Ausbildungsverbot
Zu prüfen ist zunächst, ob der Betroffene überhaupt
unter das sozialhilferechtliche Ausbildungsverbot fällt.
§ 7 Abs. 6 SGB II und ebenso § 22 Abs. 2 SGB XII regeln
Ausnahmen vom sozialhilferechtlichen Ausbildungsverbot, für die
Sozialhilfe bzw. Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht
ausgeschlossen ist, weil in diesen Fällen das BAföG / das SGB
III überhaupt keine (Nr. 1) oder lediglich eine nicht
bedarfsdeckende (Nr. 2) Förderung vorsieht.
Dies betrifft 1. das Null-Bafög
für bei ihren Eltern lebende Schüler (z.B. Gymnasiaten),
§ 2 Abs. 1a BaföG, sowie die dementsprechende die Null-BAB für bei ihren Eltern
lebende unter 18jährige Azubis, § 64 Abs. 1 SGB III.
Null-Bafög bzw. Null-BAB setzen allerdings voraus, dass der
Betreffende bei seinen Eltern lebt oder dass zumindest von der Wohnung
der Eltern eine entsprechende Ausbildungsstätte in angemessener
Zeit erreichbar wäre.
Ergo: Schüler, deren Eltern tot sind oder z.B. in Afrika leben,
haben ausnahmsweise doch Anspruch auf
Schüler-BAföG für Gymnasiasten oder auch als unter 18 jährige Azubis
Anspruch auf BAB, da von der Wohnung der Eltern aus keine
entsprechende Ausbildungsstätte in angemessener Fahrzeit
erreichbar ist.
Dieses an sich erfreuliche Ergebnis könnte im Umkehrschluss
allerdings zum Verlust des SGB-II-Rechtsanspruchs führen...
Das betrifft 2. das sog "MiniBafög"
von 192.- Euro für bei
ihren Eltern lebende Schüler von Berufsfachschulen, §
12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG, sowie die Mini
BAB von 192.- für bei
ihren Eltern lebende Teilnehmer einer berufsvorbereitenden
Bildungsmaßnahme, § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB III.
Das betrifft 3. Schüler des zweiten Bildungswegs,
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein
Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund Überschreitung der
Altersgrenze gemäß § 10 Abs. 3 BAföG für den
Schulbesuch keinen Anspruch auf
Ausbildungsförderung mehr haben.
Sinn des § 7 Abs. 5 SGB II bzw.
§ 22 Abs. 1 SGB XII ist es eine Doppeltförderung
auszuschließen und auch dort nicht ersatzweise mit
Sozialhilfe/Grundsicherung für Arbeitsuchende einzuspringen, wo
die Grenzen des BAföG (Förderungshöchstdauer,
Altersgrenze, Fachwechsel etc.) oder der BAB überschritten sind.
Das kann aber nicht in den Fällen gelten, für die das
BAföG / das SGB III überhaupt keine oder lediglich eine nicht
bedarfsdeckende Förderung vorsieht bzw. vorsehen würde.
§ 22 Abs. 2 SGB XII bzw, § 7 Abs. 6 SGB II nehmen daher die
oben genannten Fälle vom sozialhilferechtlichen
Ausbildungsverbot aus. In Fällen, wo man auch einen Deutschen
nicht auf BAföG/BAB verweisen dürfte, weil es dafür
nunmal gar kein oder lediglich ein unzureichendes BaföG/BAB gibt,
kann man auch einen wegen § 8 BAföG/ § 63 SGB III vom
BaföG/BAB ausgeschlossenen Ausländer nicht auf ein fiktives
BaföG/BAB verweisen, das es - auch für Deutsche - garnicht
gibt.
Aufstockende Förderung nach
§ 22 Abs. 7 SGB II
Für junge Menschen in Ausbildung, die nicht unter § 7 Abs. 6
SGB II fallen, aber auch keine Studierenden sind, sehen das BAföG
bzw. die BAB nur eine unzureichende, deutlich unter den
Bedarfssätzen nach SGB II liegende Förderungshöhe vor.
Mit dem zum 1.1.2007 geänderten §
22 Abs. 7 SGB II wurde für diese Fälle die
Möglichkeit einer ergänzenden
Förderung der Unterkunftskosten nach dem SGB II
eingeführt. Abweichend vom
Grundsatz des Anspruchsauschlusses nach § 7 Abs. 5 SGB II werden
in diesen Fällen auf Antrag nach dem SGB II die Kosten für
Unterkunft und Heizung übernommen, wobei evtl. für die
Unterkunft vorgesehene Anteile des BAföG bzw. der BAB abgezogen
werden.
Der Zuschuss ist beim Jobcenter/der
ArGe zu beantragen. Der Zuschuss gilt nicht als ALG II (§
19 Satz 2 SGB II), d.h. man unterliegt nicht der Pflicht nach dem SGB
II zur Arbeitssuche etc., erhält aber auch nicht die
Krankenversicherung im Rahmen des ALG II. Siehe zur Erläuterung
des Mietzuschusses auch das Merkblatt
des Jobcenters Berlin-Lichtenberg.
Vgl. dazu die Gesetzesbegründung
BT-Drucksache
16/1410, Seite 24
Zu Nummer 21
(§ 22) Buchstabe d
Leistungen der
Ausbildungsförderung nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) und der Berufsaus-
bildungsbeihilfe (BAB) nach dem Dritten Buch werden
regelmäßig pauschaliert gewährt. Dies kann zu
Ausbildungsabbrüchen führen, wenn die in der
Ausbildungsförderung berücksichtigten Leistungen für
Unterkunft und Heizung zusammen mit den ggf. nach § 7 Abs. 5 Satz
2 möglichen Härtefallleistungen nicht für eine
Existenzsicherung ausreichen.
- Mit dem neuen Absatz 7 wird
eine Regelung für solche Auszubildenden getroffen, die
Ausbildungsförderung nach dem BAföG oder der BAB beziehen,
und die bislang von den Leistungen zum Lebensunterhalt ausgeschlossen
sind. Im Einzelnen sind dies Auszubildende, die
- BAB beziehen und im eigenen
Haushalt wohnen, bei denen die BAB aber die Kosten für Unterkunft
und Heizung nicht ausreichend berücksichtigt,
- BAföG als Schüler
beziehen und nicht nach § 7 Abs. 6 SGB II anspruchsberechtigt sind,
- BAföG als Studierende im
Haushalt der Eltern beziehen und Kosten für die Unterkunft und
Heizung beisteuern müssen, weil die Eltern den auf das studierende
Kind entfallenden Wohnkostenanteil nicht tragen können,
insbesondere wenn sie selbst hilfebedürftig sind und daher einen
Teil der Wohnkosten nicht erstattet bekommen,
- Ausbildungsgeld nach dem
Dritten Buch beziehen, da diese gleichermaßen vom
Anspruchsausschluss betroffen sind.
Die Leistungen sind als Zuschuss
ausgestaltet, da nur dieser eine vergleichbar unbelastete
Fortführung der Ausbildung ermöglicht wie bei Kindern von
Eltern, die den Wohnkostenanteil selbst tragen können. Der
Zuschuss setzt voraus, dass dem Auszubildenden selbst überhaupt
Kosten für Unterkunft und Heizung entstehen, und dass diese nach
Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen ungedeckt sind.
Unangemessen hohe Kosten werden nicht – auch nicht für eine
Übergangszeit – berücksichtigt. Für Auszubildende, die
wegen der Nichterfüllung sonstiger Voraussetzungen keinen Anspruch
auf Ausbildungsförderung haben sowie für Auszubildende, die
zur Kostendeckung auf einen Zuverdienst im Rahmen der
Ausbildungsförderung verwiesen werden können, verbleibt es
bei der bisherigen Rechtslage, nach der in besonderen
Härtefällen eine Darlehensgewährung möglich ist.
Durch die
Zuschussgewährung tritt keine Sozialversicherungspflicht ein (vgl.
zu Nummer 18 Buchstabe b). "
Zu Nummer 18
(§ 19) Buchstabe b
Mit der Ergänzung wird geregelt,
dass der nach § 22 Abs. 7 gewährte Zuschuss nicht als
Arbeitslosengeld II gilt und damit keine Sozialversicherungspflicht
auslöst.
Zusammenstellung:
Georg Classen, April 2009
www.fluechtlingsrat-berlin.de